Genießen wie die Ritter
Der mittelalterliche Gewürzwein Hypocras
Bereits im Mittelalter wussten die Menschen die guten Dinge des Lebens zu schätzen und bei festlichen Gelegenheiten wohlschmeckende Speisen und Getränke zu genießen. Besonders beliebt war der Hypocras, ein gesüßter roter Gewürzwein, den sich wegen der teuren Zutaten allerdings meist nur die Bessergestellten leisten konnten. Da einige der Rezepte bis in die Neuzeit gepflegt wurden, ist es auch heute noch möglich, den Schlemmertrunk von Königen und Rittern zuzubereiten.
(Quelle: Bigstock)
Gewürzwein – Luxusgut des Mittelalters
Die Tradition, Wein mit unterschiedlichen Gewürzen zu versetzen, geht zurück bis auf die alten Römer. Aber erst mit den mittelalterlichen Kaufleuten, die bislang unbekannte Kräuter und Gewürze nach Europa brachten und sich mit Gold aufwiegen ließen, wurde Gewürzwein zum Getränk der Wohlhabenden. Wer zu diesen Zeiten im Gewürzhandel erfolgreich war, galt als mächtig und konnte zu großem Reichtum gelangen. Normale Bürger konnten sich exotischere Gewürze nicht leisten. Um ihren Reichtum zu zeigen, war der oberen Schicht der Gesellschaft nicht nur der Geschmack von Speisen und Getränken wichtig, sondern auch der Preis der Zutaten, weshalb in den roten Wein neben Honig und später Zucker auch teure Gewürze wie schwarzer Pfeffer, Ingwer und Galgant gemischt wurden, die heute niemand mehr darin vermuten würde. Auch Gewürznelken, Majoran oder Muskatnuss wurden dem Hypocras oft beigefügt, ebenso wie Rosenwasser, Orangenblüten und Zimt, wobei sich die Rezepte im Lauf der Jahrhunderte immer wieder änderten. Auch die Heilkraft der verschiedenen Kräuter spielte damals natürlich eine Rolle. Das zeigt sich auch darin, dass der antike Arzt Hippokrates als Namenspate für den Hypocras diente. Serviert wurde das würzige Getränk warm oder kalt. Als schließlich Kaffee und Kakao ihren Siegeszug um die Welt antraten, verlor der süße Trunk nach und nach an Bedeutung. Lediglich in der Gegend um Basel ist der Hypocras noch heute verbreitet. Rund um Silvester wird dort der gezuckerte und mit winterlichen Gewürzen wie Zimt, Kardamom und Anis aromatisierte Wein zusammen mit Basler Leckerli genossen, um das Neue Jahr zu begrüßen.
Zubereitung von Hypocras
Wer selbst einmal probieren möchte, wie das Festtagsgetränk der Ritter schmeckte, benötigt dafür zunächst einen halben Liter vollmundigen Rotwein, in dem 200 Gramm Rohrzucker aufgelöst werden. Danach werden jeweils ein halber Teelöffel Kardamomkapseln, Koriandersamen und gemahlene Ingwerwurzel, zwei Zimtstangen, fünf Nelken, zwei Sternanis, etwas geriebene Muskatnuss sowie einige Orangen- und Zitronenschalen hinzugegeben. Das Weinportal Weintrend.com, das ein kostenloses E-Book über Wein bereitstellt, empfiehlt, bei der Gewürzzusammenstellung auch den persönlichen Geschmack zu berücksichtigen oder zu experimentieren. Besonders authentisch wird das Getränk, wenn zusätzlich typisch mittelalterliche Gewürze wie Pfeffer und Rosenwasser zum Einsatz kommen. Das Ganze wird dann aufgekocht und nach dem Abkühlen mit weiteren anderthalb Litern Rotwein sowie einem Dreiviertelliter Weißwein aufgefüllt. Nun muss die Mischung noch zwei Tage zugedeckt ziehen, damit der Wein den Geschmack der Gewürze annehmen kann. Danach kann der fertige Hypocras gefiltert und in gut verschließbare Flaschen abgefüllt werden. Wie in früheren Zeiten kann er je nach Jahreszeit heiß oder kalt getrunken werden. Mit einem handgeschriebenem Etikett sowie einer Schleife und einigen Zimtstangen als Dekoration eignet sich der selbstgemachte Gewürzwein auch wunderbar als Geschenk.
Veröffentlicht am 02.04.2019